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Wohin ich schon immer einmal wollte

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Titel
Wohin ich schon immer einmal wollte - Eisenbahngeschten
Personen
Hauptautorität
Heisl, Heinz D.
Verfasser/-in
Ressource
Buch
Umfang
144 S.
Veröffentlichungsangabe
Erscheinungsdatum
2005
Erscheinungsort
Innsbruck
Verlagsname
Haymon-Verlag Ges.m.b.H.
-
Ganz schön skurril! Heinz D. Heisl ist ein Magier und Tricktaschenspieler, ein verwegener Kundschafter und Reisebegleiter (oder Reiseführer?) in fremde Welten, die so fremd eigentlich gar nicht sind. Die Geschichten in dem neu erschienenen kleinen Band fließen aus einer Quelle, die man nicht genau anzusiedeln weiß - sie befindet sich irgendwo zwischen Himmel und Erde, nur das ist gewiss. Diese Texte sind durch und durch luftig und haben doch auch etwas Bodenständiges an sich. "Wohin ich schon immer einmal wollte" - der Titel klingt lapidar und ist, wie man bald erfährt, ein Understatement, doch in der Sache nicht irreführend. Alle in dem Band versammelten Geschichten handeln vordergründig von Bahnreisen, von nicht überaus aufregenden Bahnreisen noch dazu, fährt doch das erzählende Ich meist bloß zwischen Innsbruck, Zürich und Wien hin und her. Auf diesen Reisen aber geschieht immer Unvorhersehbares, manchmal ereignet es sich sogar noch bevor der Reisende die Reise angetreten hat. Soll heißen: Die faktische Zugfahrt ist nur auf einer Ebene das Thema der Texte. Dahinter, daneben und dazwischen finden Kopfreisen statt, ereignen sich seltsam traumhafte Begebenheiten und skurrile Zusammentreffen unordentlich daherkommender Individuen. Nichts bleibt in diesen Geschichten normal, alles wird herumgewirbelt, dem Banalen enthoben und in eine Sphäre des Hintergründigen befördert. Man muss sich schon richtig darauf einlassen, will man mit den Texten Schritt und Tempo halten. Heisls Geschichten lassen sich auf nichts Bestimmtes festlegen oder in einfache Schablonen pressen. Darauf hat es der Autor wohl in erster Linie angelegt, dass man einmal - lesend - Gewöhnliches hinter sich lässt und Erfahrungen des konkret Sonderbaren macht. Des konkret Sonderbaren wohlgemerkt. Denn das Außergewöhnliche bleibt bei Heisl auf angenehme Weise bestimmbar und benennbar. Metaphysik im eigentlichen Sinn bleibt draußen. Mystik nistet in den Ritzen des Alltäglichen, da braucht man nicht Weithergeholtes zu bemühen. Als Magier beschränkt sich der Autor darauf, Bekanntes neu zu mischen und damit eingerostete Sehweisen aufzubrechen. Man fühlt sich mit Exotischem konfrontiert, man lernt ganz neue Farbschattierungen kennen, macht Bekanntschaft mit Unmöglichem. Überraschungseffekte überall, doch tragen sie nicht weiß-Gott-wohin, sondern bleiben in der unmittelbaren Umgebung, tragen dazu bei, diese Umgebung mit neuen Augen zu betrachten. So öffnet man zum Beispiel das Zugfenster und blickt in einen Kleiderschrank. Wie üblich auf Bahnhöfen steigen viele Reisende zu, doch sehen sie alle gleich aus. Oder man steigt nicht ein, hat aber das Geräusch des fahrenden Zuges im Reisekoffer. Das Närrische liegt Heisl ganz offenbar in der Feder, und so ist der Ort der Sehnsucht nicht etwa Zürich, Innsbruck oder Wien, sondern ein Ort hinter den Dingen. Der Sehnsucht zu folgen bedeutet, so scheint es, gedankliche Katakomben und Stollen aufzusuchen, um am anderen Ende in einer freieren Atmosphäre wieder aufzutauchen und die Flügel auszubreiten. Das eine oder andere Mal hat man aber auch eine Niederung betreten und kommt von dort nicht mehr heraus, erkennt man vielmehr im Skurrilen das Abgründige und schaudert. So etwa wenn "Feriengäste" allesamt ungarische Juden sind, die nach St. Anton am Arlberg wollen, um nachzusehen, was "die St. Antoner mit dem Gold und den Schmuckgegenständen, den Ringen und den Diamanten und so weiter angestellt hätten, nachdem damals alles vergraben oder im Gebälk einsam stehender Scheunen versteckt und wieder gefunden worden war." (S. 24) Langweilig wird dieses Buch nie, es sei denn, man möchte alles auf dem Silbertablett serviert bekommen und als Leser keine Spalten und Bruchstellen selbst überspringen müssen. Die Verweigerung des Autors, hergekommene Erwartungen zu bedienen, offenbart sich auch in der Sprache, gleichzeitig ist gerade die Sprache dazu angetan, die Lesenden vergnügt zu stimmen. Die Sprache ist nicht komplex konstruiert, sie hält einen gemächlich Trab und führt in meist kurzen Sätzen von einem zum anderen Ort, gerade so, als gäbe es da nichts Besonderes zu vermitteln. Als Leser darf und soll man sichs bequem machen und das Erzählte genießen. Dann plötzlich wird ein Haken geschlagen. Mitten in den trabenden und ("normal") dahin schreitenden Sätzen erscheint etwa eine Neuschöpfung (z.B. Eisenverstrebungsgewölbehimmel", S. 52), eine ungewohnte Verknüpfung (z.B. "leuchteten hingebettet kaum bekleidete Mädchen" und "verschütteten junge muskulöse Männer ein Lächeln", S. 50) oder ein zweideutiges Kompositum (z.B. "Schokoladenfabriksgebäude", S. 47), was ein Aufblicken, ein nachdenkliches Aha, ein Schmunzeln oder auch lautes Lachen evoziert. Und schon hat man den Faden verloren, just in dem Moment, als man anfing faul zu werden und sich bedienen zu lassen, wurde man herausgerissen und muss den Anschluss wieder suchen. Sowohl auf der Ebene des Geschilderten, der Ereignisse, welche eine Geschichte vorantreiben, als auch auf der sprachlich-semantischen Ebene merkt man Heisls Bahnhofsgeschichten an, dass ihr Verfasser einen Hang zur Musik hat, dass er zu improvisieren und mehrschichtige Töne zu spielen weiß. Tatsächlich war Heisl einmal in früheren Jahren Musiker. Er war aber auch einmal von Berufs wegen Zahntechniker, was der Grund dafür sein mag, dass er bei aller Bereitschaft zum Abheben auch weiß, wie man beim Schreiben den Boden wieder findet. Luftig und bodenständig, verspielt-poetisch und konkret, augenzwinkernd, närrisch und doch auch ernst sind diese Geschichten, die dem Reisen in Zeiten breitester Mobilität wieder das Geheimnisvolle, ja Abenteuerliche zurückgeben. *Brenner Archiv / Literaturhaus am Inn* Erika Wimmer
Manifestation
Titel
Haupttitel
Wohin ich schon immer einmal wollte
Titelzusatz
Eisenbahngeschten
Ressource
Buch
Veröffentlichungsangabe
Erscheinungsdatum
2005
Erscheinungsort
Innsbruck
Verlagsname
Haymon-Verlag Ges.m.b.H.
ISBN13
978-3-85218-487-6
Körperschaften
Datenträgertyp
Band
Verantwortlichkeitsangabe
Verantwortlichkeitsangabe, die sich auf den Haupttitel bezieht
Heinz D. Heisl
Umfang
144 S.
Veröffentlichungsangabe
Erscheinungsdatum
2005
Erscheinungsort
Innsbruck
Verlagsname
Haymon-Verlag Ges.m.b.H.
Listenpreis
0.0 €
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Ganz schön skurril! Heinz D. Heisl ist ein Magier und Tricktaschenspieler, ein verwegener Kundschafter und Reisebegleiter (oder Reiseführer?) in fremde Welten, die so fremd eigentlich gar nicht sind. Die Geschichten in dem neu erschienenen kleinen Band fließen aus einer Quelle, die man nicht genau anzusiedeln weiß - sie befindet sich irgendwo zwischen Himmel und Erde, nur das ist gewiss. Diese Texte sind durch und durch luftig und haben doch auch etwas Bodenständiges an sich. "Wohin ich schon immer einmal wollte" - der Titel klingt lapidar und ist, wie man bald erfährt, ein Understatement, doch in der Sache nicht irreführend. Alle in dem Band versammelten Geschichten handeln vordergründig von Bahnreisen, von nicht überaus aufregenden Bahnreisen noch dazu, fährt doch das erzählende Ich meist bloß zwischen Innsbruck, Zürich und Wien hin und her. Auf diesen Reisen aber geschieht immer Unvorhersehbares, manchmal ereignet es sich sogar noch bevor der Reisende die Reise angetreten hat. Soll heißen: Die faktische Zugfahrt ist nur auf einer Ebene das Thema der Texte. Dahinter, daneben und dazwischen finden Kopfreisen statt, ereignen sich seltsam traumhafte Begebenheiten und skurrile Zusammentreffen unordentlich daherkommender Individuen. Nichts bleibt in diesen Geschichten normal, alles wird herumgewirbelt, dem Banalen enthoben und in eine Sphäre des Hintergründigen befördert. Man muss sich schon richtig darauf einlassen, will man mit den Texten Schritt und Tempo halten. Heisls Geschichten lassen sich auf nichts Bestimmtes festlegen oder in einfache Schablonen pressen. Darauf hat es der Autor wohl in erster Linie angelegt, dass man einmal - lesend - Gewöhnliches hinter sich lässt und Erfahrungen des konkret Sonderbaren macht. Des konkret Sonderbaren wohlgemerkt. Denn das Außergewöhnliche bleibt bei Heisl auf angenehme Weise bestimmbar und benennbar. Metaphysik im eigentlichen Sinn bleibt draußen. Mystik nistet in den Ritzen des Alltäglichen, da braucht man nicht Weithergeholtes zu bemühen. Als Magier beschränkt sich der Autor darauf, Bekanntes neu zu mischen und damit eingerostete Sehweisen aufzubrechen. Man fühlt sich mit Exotischem konfrontiert, man lernt ganz neue Farbschattierungen kennen, macht Bekanntschaft mit Unmöglichem. Überraschungseffekte überall, doch tragen sie nicht weiß-Gott-wohin, sondern bleiben in der unmittelbaren Umgebung, tragen dazu bei, diese Umgebung mit neuen Augen zu betrachten. So öffnet man zum Beispiel das Zugfenster und blickt in einen Kleiderschrank. Wie üblich auf Bahnhöfen steigen viele Reisende zu, doch sehen sie alle gleich aus. Oder man steigt nicht ein, hat aber das Geräusch des fahrenden Zuges im Reisekoffer. Das Närrische liegt Heisl ganz offenbar in der Feder, und so ist der Ort der Sehnsucht nicht etwa Zürich, Innsbruck oder Wien, sondern ein Ort hinter den Dingen. Der Sehnsucht zu folgen bedeutet, so scheint es, gedankliche Katakomben und Stollen aufzusuchen, um am anderen Ende in einer freieren Atmosphäre wieder aufzutauchen und die Flügel auszubreiten. Das eine oder andere Mal hat man aber auch eine Niederung betreten und kommt von dort nicht mehr heraus, erkennt man vielmehr im Skurrilen das Abgründige und schaudert. So etwa wenn "Feriengäste" allesamt ungarische Juden sind, die nach St. Anton am Arlberg wollen, um nachzusehen, was "die St. Antoner mit dem Gold und den Schmuckgegenständen, den Ringen und den Diamanten und so weiter angestellt hätten, nachdem damals alles vergraben oder im Gebälk einsam stehender Scheunen versteckt und wieder gefunden worden war." (S. 24) Langweilig wird dieses Buch nie, es sei denn, man möchte alles auf dem Silbertablett serviert bekommen und als Leser keine Spalten und Bruchstellen selbst überspringen müssen. Die Verweigerung des Autors, hergekommene Erwartungen zu bedienen, offenbart sich auch in der Sprache, gleichzeitig ist gerade die Sprache dazu angetan, die Lesenden vergnügt zu stimmen. Die Sprache ist nicht komplex konstruiert, sie hält einen gemächlich Trab und führt in meist kurzen Sätzen von einem zum anderen Ort, gerade so, als gäbe es da nichts Besonderes zu vermitteln. Als Leser darf und soll man sichs bequem machen und das Erzählte genießen. Dann plötzlich wird ein Haken geschlagen. Mitten in den trabenden und ("normal") dahin schreitenden Sätzen erscheint etwa eine Neuschöpfung (z.B. Eisenverstrebungsgewölbehimmel", S. 52), eine ungewohnte Verknüpfung (z.B. "leuchteten hingebettet kaum bekleidete Mädchen" und "verschütteten junge muskulöse Männer ein Lächeln", S. 50) oder ein zweideutiges Kompositum (z.B. "Schokoladenfabriksgebäude", S. 47), was ein Aufblicken, ein nachdenkliches Aha, ein Schmunzeln oder auch lautes Lachen evoziert. Und schon hat man den Faden verloren, just in dem Moment, als man anfing faul zu werden und sich bedienen zu lassen, wurde man herausgerissen und muss den Anschluss wieder suchen. Sowohl auf der Ebene des Geschilderten, der Ereignisse, welche eine Geschichte vorantreiben, als auch auf der sprachlich-semantischen Ebene merkt man Heisls Bahnhofsgeschichten an, dass ihr Verfasser einen Hang zur Musik hat, dass er zu improvisieren und mehrschichtige Töne zu spielen weiß. Tatsächlich war Heisl einmal in früheren Jahren Musiker. Er war aber auch einmal von Berufs wegen Zahntechniker, was der Grund dafür sein mag, dass er bei aller Bereitschaft zum Abheben auch weiß, wie man beim Schreiben den Boden wieder findet. Luftig und bodenständig, verspielt-poetisch und konkret, augenzwinkernd, närrisch und doch auch ernst sind diese Geschichten, die dem Reisen in Zeiten breitester Mobilität wieder das Geheimnisvolle, ja Abenteuerliche zurückgeben. *Brenner Archiv / Literaturhaus am Inn* Erika Wimmer
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