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Graubart Boulevard

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Titel
Graubart Boulevard
Personen
Hauptautorität
Bauer, Christoph W.
Verfasser/-in
Ressource
Buch
Umfang
295 Seiten;
Veröffentlichungsangabe
Erscheinungsdatum
2008
Erscheinungsort
Innsbruck
Verlagsname
Haymon Verlag
-
Innsbruck, November 1938: Der jüdische Kaufmann Richard Graubart wird in seinem Haus von einem Rollkommando der SS ermordet. Seine Familie wird nach Wien ausgewiesen, von dort wird ihr wie Graubarts Bruder Siegfried, einem führenden Mitglied der zionistischen Bewegung die Flucht ins Exil gelingen.Auf der anderen Seite: Ein Innsbrucker Hoteliersohn und Schilehrer, als SS-Hauptsturmführer einer der Täter. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs vor Gericht gestellt, flieht er ins Ausland. 1959 kehrt er nach Österreich zurück und wird nach nur zweijähriger Haft als freier Mann entlassen.Schnörkellos und leidenschaftlich zugleich begibt sich Christoph W. Bauer anhand von Originaldokumenten, Briefen und Archivmaterialien auf eine literarische Spurensuche durch die Lebens- und Leidenswege der Familie Graubart und erzählt damit zugleich zwei exemplarische Geschichten aus der jüngeren Vergangenheit Österreichs: Die Geschichte der Täter und die der Opfer, die durch den Nazi-Terror alles verloren haben: Ihre Heimat, ihr Eigentum, ihre Familien - und ihr Leben.Städte tragen oft nicht nur den Panzer historischer Stadtmauern, die mehr oder weniger sichtbar und touristisch verwertbar um alte Gebäude herum verlaufen, unsichtbar und dramatisch verlaufen auch Gräben und Mauern der Erinnerung um solche Städte. Christoph W. Bauer beschreibt einen solchen Erinnerungsgraben, er nennt ihn hoffnungsvoll Boulevard, damit man vielleicht eingedenk der Familie Graubart, die in Innsbruck vernichtet und vertrieben worden ist, etwas eingebremst durch die Erfolgsgeschichte der Stadt wandelt. "Graubart Boulevard" wird bewusst nicht Roman genannt, obwohl der Text wie ein Familienroman aufgebaut ist. Ein Ich-Erzähler soll eine triviale Geschichte aus der Gegenwart recherchieren, die ihm aber nicht behagt, so driftet er immer wieder ab in die Vergangenheit, in den November 1938, wo ein Rollkommando der SS den jüdischen Kaufmann Richard Graubart ermordet. In vier Gedankenbewegungen versucht der berichtende Journalist, etwas von der Familie Graubart zu erfahren und der zugeschütteten Erinnerung zu entreißen. "Auf dem Viadukt" sind die Gründer der Familie aus Galizien eingewandert, über diese Viadukt-Bögen mussten sie Innsbruck wieder verlassen. "Am Ringplatz" nennt sich jene Phase, als die Familie Graubart sich von Bolechow in Galizien aufmacht, um in der prosperierenden Monarchie irgendwo Fuß zu fassen und in Innsbruck landet. Mit "Das Kolophonium" ist jener Teil umschrieben, worin sich die Familie zu assimilieren versucht und musische und sportliche Freundschaften zu manchen Ureinwohnern der Stadt schließt. "Vor Gericht" schließlich nennt sich jenes Kapitel, in dem die Mörder mehr oder weniger ungeschoren davon kommen und die Zeitgeschichte anscheinend unter den Teppich gekehrt wird. Christoph W. Bauer erzählt aus einem politischen Standpunkt heraus, in der Familiengeschichte der Graubart kommen erstmals Menschen zu Wort, die man bisher nie um ihre Sicht der Dinge gefragt hat. Und schon gar nicht hat sich jemand entschuldigt oder das Unfassbare zu erklären versucht. So kommen endlich auch die Mörder in diesem "Roman" nicht ungeschoren davon, ihre Entschuldigungen und ihre Erklärungsversuche werden mit einem klaren Licht ausgeleuchtet und der Wahrheit überantwortet. Vielleicht hilft auch die sogenannte Gehrer'sche Rechtschreibung, den Erzählstandpunkt klar zu formulieren. Indem nämlich sogenannte Zitate in Anführungszeichen nicht in der Protokollsprache von damals sondern in der neuen Rechtschreibung zitiert werden, wird für den Leser klar: Das, was es hier zu lesen gibt, ist eine Sicht von heute mit dem erinnerten Material von früher. Christoph W. Bauer legt einen Boulevard des Erinnerns um Innsbruck, dieser trägt ausnahmsweise den Namen der Opfer und nicht wie üblich gedankenlos formuliert jenen der Beherrscher. Niemand wird mehr die Innsbrucker Museumstraße am ehemaligen Geschäft Graubart so gedankenlos entlang gehen wie früher. Graubart Boulevard ermöglicht eine innige Art, Zeitgeschichte durchaus auch mit Moral zu lesen, denn das Lesen verlangt immer Moral. Helmuth Schönauer
Manifestation
Titel
Haupttitel
Graubart Boulevard
Ressource
Buch
Veröffentlichungsangabe
Erscheinungsdatum
2008
Erscheinungsort
Innsbruck
Verlagsname
Haymon Verlag
ISBN13
978-3-85218-572-9
ISBN10
3-85218-572-6
Körperschaften
Verlag
Datenträgertyp
Band
Verantwortlichkeitsangabe
Verantwortlichkeitsangabe, die sich auf den Haupttitel bezieht
Christoph W. Bauer
Umfang
295 Seiten;
Veröffentlichungsangabe
Erscheinungsdatum
2008
Erscheinungsort
Innsbruck
Verlagsname
Haymon Verlag
Listenpreis
19.9 €
Kommentare
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Katalogisat abgeglichen mit: onlineRezensionen (ÖBW)
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Innsbruck, November 1938: Der jüdische Kaufmann Richard Graubart wird in seinem Haus von einem Rollkommando der SS ermordet. Seine Familie wird nach Wien ausgewiesen, von dort wird ihr wie Graubarts Bruder Siegfried, einem führenden Mitglied der zionistischen Bewegung die Flucht ins Exil gelingen.Auf der anderen Seite: Ein Innsbrucker Hoteliersohn und Schilehrer, als SS-Hauptsturmführer einer der Täter. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs vor Gericht gestellt, flieht er ins Ausland. 1959 kehrt er nach Österreich zurück und wird nach nur zweijähriger Haft als freier Mann entlassen.Schnörkellos und leidenschaftlich zugleich begibt sich Christoph W. Bauer anhand von Originaldokumenten, Briefen und Archivmaterialien auf eine literarische Spurensuche durch die Lebens- und Leidenswege der Familie Graubart und erzählt damit zugleich zwei exemplarische Geschichten aus der jüngeren Vergangenheit Österreichs: Die Geschichte der Täter und die der Opfer, die durch den Nazi-Terror alles verloren haben: Ihre Heimat, ihr Eigentum, ihre Familien - und ihr Leben.Städte tragen oft nicht nur den Panzer historischer Stadtmauern, die mehr oder weniger sichtbar und touristisch verwertbar um alte Gebäude herum verlaufen, unsichtbar und dramatisch verlaufen auch Gräben und Mauern der Erinnerung um solche Städte. Christoph W. Bauer beschreibt einen solchen Erinnerungsgraben, er nennt ihn hoffnungsvoll Boulevard, damit man vielleicht eingedenk der Familie Graubart, die in Innsbruck vernichtet und vertrieben worden ist, etwas eingebremst durch die Erfolgsgeschichte der Stadt wandelt. "Graubart Boulevard" wird bewusst nicht Roman genannt, obwohl der Text wie ein Familienroman aufgebaut ist. Ein Ich-Erzähler soll eine triviale Geschichte aus der Gegenwart recherchieren, die ihm aber nicht behagt, so driftet er immer wieder ab in die Vergangenheit, in den November 1938, wo ein Rollkommando der SS den jüdischen Kaufmann Richard Graubart ermordet. In vier Gedankenbewegungen versucht der berichtende Journalist, etwas von der Familie Graubart zu erfahren und der zugeschütteten Erinnerung zu entreißen. "Auf dem Viadukt" sind die Gründer der Familie aus Galizien eingewandert, über diese Viadukt-Bögen mussten sie Innsbruck wieder verlassen. "Am Ringplatz" nennt sich jene Phase, als die Familie Graubart sich von Bolechow in Galizien aufmacht, um in der prosperierenden Monarchie irgendwo Fuß zu fassen und in Innsbruck landet. Mit "Das Kolophonium" ist jener Teil umschrieben, worin sich die Familie zu assimilieren versucht und musische und sportliche Freundschaften zu manchen Ureinwohnern der Stadt schließt. "Vor Gericht" schließlich nennt sich jenes Kapitel, in dem die Mörder mehr oder weniger ungeschoren davon kommen und die Zeitgeschichte anscheinend unter den Teppich gekehrt wird. Christoph W. Bauer erzählt aus einem politischen Standpunkt heraus, in der Familiengeschichte der Graubart kommen erstmals Menschen zu Wort, die man bisher nie um ihre Sicht der Dinge gefragt hat. Und schon gar nicht hat sich jemand entschuldigt oder das Unfassbare zu erklären versucht. So kommen endlich auch die Mörder in diesem "Roman" nicht ungeschoren davon, ihre Entschuldigungen und ihre Erklärungsversuche werden mit einem klaren Licht ausgeleuchtet und der Wahrheit überantwortet. Vielleicht hilft auch die sogenannte Gehrer'sche Rechtschreibung, den Erzählstandpunkt klar zu formulieren. Indem nämlich sogenannte Zitate in Anführungszeichen nicht in der Protokollsprache von damals sondern in der neuen Rechtschreibung zitiert werden, wird für den Leser klar: Das, was es hier zu lesen gibt, ist eine Sicht von heute mit dem erinnerten Material von früher. Christoph W. Bauer legt einen Boulevard des Erinnerns um Innsbruck, dieser trägt ausnahmsweise den Namen der Opfer und nicht wie üblich gedankenlos formuliert jenen der Beherrscher. Niemand wird mehr die Innsbrucker Museumstraße am ehemaligen Geschäft Graubart so gedankenlos entlang gehen wie früher. Graubart Boulevard ermöglicht eine innige Art, Zeitgeschichte durchaus auch mit Moral zu lesen, denn das Lesen verlangt immer Moral. Helmuth Schönauer
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